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Hinweise aus der Anamnese

Eine ausführliche Anamnese kann weitere Verdachtsmomente zutage fördern oder wichtige Hinweise auf mögliche andere Ursachen geben. Ein Hinweis auf Misshandlung ist gegeben, wenn das Kind verspätet in die Praxis gebracht wird. Oft behaupten die Eltern, die Verletzungen seien frisch, auch wenn das offensichtlich nicht stimmt. Auffällig kann es sein, wenn das Kind für den Arztbesuch "hergerichtet" ist, also nach einem "Unfall" frisch angezogen oder gebadet wurde. Mehrfachverletzungen verschiedener Art und verschiedenen Alters sind fast immer ein wichtiges Zeichen für Misshandlung.

Unglaubwürdige Erklärungen für die Verletzungen

Viele Eltern geben unglaubhafte Erklärungen für die Verletzungen an. Meist ist die Verletzung für den angegebenen Unfallhergang viel zu schwer. Oftmals soll sich nach Auskunft der Eltern das Kind selbst eine Verletzung zugefügt haben. Für das Alter des Kindes ist die Art und Weise, wie diese Verletzung zustande gekommen ist, jedoch untypisch oder nahezu unmöglich. Solche Erklärungen kommen häufig spontan und früh, ohne dass Sie danach gefragt haben.


Hinweise auf mangelnde Versorgung des Kindes

Bei der Befragung der Eltern kann sich herausstellen, dass eine medizinische Versorgung wie Vorsorgeuntersuchungen oder Impfungen nicht in Anspruch genommen wird. Wenn das Kind schon gehäuft stationär aufgenommen wurde, auch wenn es sich um Bagatellfälle handelte, kann eine mangelnde Versorgung des Kindes vorliegen. Möglicherweise fehlt ein Kind häufig in der Schule. Manche Eltern haben bereits öfter die Arztpraxis oder das Krankenhaus gewechselt.

Es muss auf jeden Fall der ganze Körper des Kindes genau untersucht werden. Dies schließt die behaarte Kopfhaut, die Geschlechtsorgane und den Zustand der inneren Organe ein. Bewusstseinszustand und psychische Befindlichkeit müssen ebenfalls berücksichtigt werden.

Wenn weitere Untersuchungen nötig sind, sollten Sie einfühlsam versuchen, dem Kind die Wichtigkeit klarzumachen. Für die weitere Behandlung und die Entdeckung eventueller Spuren ist ein Befund oft unverzichtbar (Beschreibung, Foto, Skizze, DNA-Abstrich von Speichel-/ Spermaspuren). Ein negativer Befund kann dem Kind die Erleichterung geben, dass es unversehrt geblieben ist. Häufig haben Kinder konkrete Ängste, schwanger oder krank zu sein. Diese Ängste werden jedoch nicht geäußert. Eine Untersuchung kann dazu beitragen, diese Befürchtungen abzubauen. Dennoch sollten Sie beachten, dass das betroffene Kind eine körperliche Untersuchung als einen weiteren Übergriff erleben kann. Daher sollte die Untersuchung äußerst behutsam durchgeführt werden.

Erklären Sie dem Kind die Untersuchungsschritte. Sie sollten offen über das Thema sprechen können und sich nicht überängstlich verhalten. Weigert sich ein Kind, so sollte es möglichst nicht zur Untersuchung gezwungen werden, sondern Zeit bekommen, mit der Situation vertrauter zu werden.


Der Verdacht auf Misshandlung, Vernachlässigung oder Missbrauch kann auf verschiedene Weise entstehen:

  • Aufgrund von körperlichen Symptomen, z.B. eine ungeklärte Fraktur beim Säugling oder Zeichen mangelnder Hygiene,
  • aufgrund von auffälligem Verhalten des Kindes, z.B. plötzlich eintretender Schulleistungsknick mit sozialem Rückzug,
  • aufgrund von anamnestischen Angaben, z.B. unvollständige Vorsorgeuntersuchungen und Impfungen oder gehäufte Unfälle,
  • aufgrund einer gestörten familiären Interaktion, z.B. mangelnde Zuwendung der Mutter oder feindseliges Verhalten gegen das Kind oder
  • aufgrund einer auffälligen zeitlichen Verzögerung zwischen Verletzungszeitpunkt und der Vorstellung in der Arztpraxis.


Alle erhobenen Befunde müssen zusammenfassend bewertet werden. Die Diagnose soll den körperlichen und psychischen Befund des Kindes, die familiäre Interaktion und die Familiensituation beschreiben. Es soll festgestellt werden, ob ein Kind normal entwickelt ist, ob Auffälligkeiten in seiner Entwicklung bestehen und ob diese das Ausmaß von Behandlungsbedürftigkeit erreichen.

Die Ergebnisse der Interaktionsbeobachtung und die Erhebung der Belastungsfaktoren führen zu einer Einschätzung von Belastungen und Stärken der Familie und von fördernden und hemmenden Einflüssen auf die Entwicklung des Kindes. Misshandlung, Vernachlässigung und sexueller Missbrauch werden unter den Belastungen erfasst. Aus der Verteilung von Belastungen und Stärken sollte sich ergeben, welche Hilfen erforderlich sind.


Die folgenden Empfehlungen für ein gemeinsames Fallmanagement wurden im Rahmen von Kooperationstreffen zwischen niedergelassenen Ärzten und sowie weiteren Hilfeeinrichtungen und Behörden entwickelt. Diese Empfehlungen gehen über Diagnostik und Befundsicherung hinaus.

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