Die Zeit zwischen den Praxisbesuchen des Kindes sollten Sie für folgende Tätigkeiten nutzen:
- Holen Sie zusätzliche Informationen von den Allgemeinen Sozialen Diensten oder anderen Einrichtungen, mit denen Sie zusammenarbeiten, ein.
- Knüpfen sie ein Netz für das gemeinsame Fallmanagement zwischen Ihrer Praxis, Allgemeinen Sozialen Diensten oder anderen Hilfeeinrichtungen.
- Dokumentieren Sie den Fall gesondert.
- Lassen Sie sich einbeziehen in die Teilnahme an Erziehungskonferenzen oder ähnlichen Maßnahmen der Allgemeinen Sozialen Dienste.
Einholung zusätzlicher Informationen von Allgemeinen Sozialen Diensten
Durch Kontaktaufnahme mit den Allgemeinen Sozialen Diensten und den Mütterberatungsstellen der Gesundheits- und Sozialämter und den Schulärzten können weitere Einschätzungen zur Beurteilung einer Verdachtsdiagnose eingeholt werden. Die Mitarbeiterinnen erhalten u. a. durch Hausbesuche Informationen über das soziale Umfeld der Kinder. Die regional organisierten Stellen besitzen im Rahmen ihrer Tätigkeiten möglicherweise Fallkenntnis.
Information über Vormundschaftsverhältnisse einholen
Familiengerichte stehen Ihnen für allgemeine juristische Auskünfte zur Verfügung. Insbesondere bei Ehen mit ausländischen Partnern kann eine Information zu Sorgerechtsfragen hilfreich sein. Eine Rückfrage beim zuständigen Familiengericht ist ebenfalls angezeigt, wenn die Vormundschaft geklärt werden soll und die Begleitperson des Kindes eine entsprechende Bestallungsurkunde nicht vorweisen kann.
Art und Umfang der Informationsweitergabe persönlich vereinbaren
Inhalt, Umfang und Anlass der Weitergabe von fallbezogenen Informationen zwischen der Arztpraxis und den Allgemeinen Sozialen Diensten oder Beratungsstellen freier Träger sind mit Mitarbeitern der entsprechenden Einrichtungen möglichst persönlich zu vereinbaren. Seitens der kooperierenden Einrichtungen werden zunächst Informationen über die Entwicklung des Gesundheitszustandes des Kindes von Ihnen erwartet. Die Informationsvereinbarung kann z. B. die Mitteilung über einen Abbruch des Kontaktes zwischen Ihnen und dem betreuten Kind umfassen.
Informationen behördlicher Stellen auch ohne Einverständnis der Eltern möglich
Die Information von Behörden oder Beratungseinrichtungen freier Träger sollte grundsätzlich mit dem Einverständnis der Eltern des Kindes erfolgen. Behördliche Stellen können auch ohne dieses Einverständnis einbezogen werden, wenn das Wohl des Kindes aufs Höchste gefährdet ist:
- Das aktuelle Ausmaß der gesundheitlichen Schäden erfordert die sofortige Herausnahme des Kindes aus seiner häuslichen Umgebung.
- Beim Verbleib in der häuslichen Umgebung droht eine akute Gefahr für die Gesundheit, das Leben (z. B. durch Suizid) und die geistige Entwicklung des Kindes.
Falldokumentation für eventuelle gerichtliche Beweissicherung
Neben einer ausführlichen Dokumentation der Anamnese wird eine Dokumentation der Aussagen von Eltern/Begleitpersonen einschließlich ergänzender Eindrücke empfohlen. Die Dokumentation sollte durch Fotoaufnahmen der äußeren Verletzungen des Kindes ergänzt werden. Eine gute Dokumentation der Befunde kann forensische bzw. argumentative Bedeutung bekommen. Die Befundfotos sollten möglichst mit Maßstab, Datum und Identifikationsnummer versehen sein. Entsprechende Dokumente sind möglicherweise Grundlage für eine gerichtliche Beweissicherung. Eine ausführliche Dokumentation ist der Nachweis, dass eine mögliche Veranlassung behördlicher Maßnahmen durch den Arzt auf sorgfältiger Abwägung der Situation des Kindes beruht. Im Serviceteil dieses Leitfadens finden Sie eine Vorlage, mit der Sie die Dokumentation strukturieren können.
Teilnahme an Erziehungskonferenzen
Maßnahmen der Allgemeinen Sozialen Dienste für Kinder bzw. deren Familien, die durch Gewalt und Missbrauch gefährdet sind, werden im Wesentlichen durch fallbezogene Erziehungskonferenzen nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz koordiniert. Die Teilnahme an diesen Erziehungskonferenzen ermöglicht Ihnen, einen umfassenden Eindruck von der sozialen und familiären Situation des von Ihnen betreuten Kindes zu erhalten. Zusätzlich wird der Kontakt zu den Kooperationspartnern im Rahmen des gemeinsamen Fallmanagements vertieft.