Gewaltprävention als Ziel des gemeinsamen Fallmanagements
Grundüberlegung des Fallmanagements beim Verdacht auf Gewalt gegen Kinder ist die gemeinsame Betreuung des Kindes durch die Arztpraxis, Allgemeine Soziale Dienste, Gesundheitsämter und spezialisierte Beratungsstellen. Durch eine frühzeitige fallbezogene Kooperation der genannten Stellen soll die Grundlage für eine effiziente Gewaltprävention verbessert werden. Eine gemeinsame Fallkenntnis der genannten Stellen ist darüber hinaus eine wichtige Bedingung, um bei einer unmittelbar drohenden gesundheitlichen Gefährdung des Kindes Hilfen schnell verfügbar zu machen.
Gemeinsames Fallmanagement setzt persönliche Kontakte voraus
Im Idealfall gibt es ein lokales Netzwerk, in die alle eingebunden werden, die mit Familien zu tun haben: also etwa lokale Bündnisse für Familie, Gesundheitswesen, Jugendämter, Polizei, Interventionsstellen, Kitas und Schulen, Allgemeine Soziale Dienste, Gesundheitsämter, Beratungsstellen öffentlicher und freier Träger, spezialisierte Krankenhausabteilungen und weitere Einrichtungen, die sich mit dem Problem Gewalt gegen Kinder befassen.
Aufgaben der Arztpraxis
Im Rahmen des gemeinsamen Fallmanagements hat die Arztpraxis folgende Aufgaben:
- Frühzeitiges Erkennen einer Gefährdung des Kindes.
- Gesundheitliche Versorgung des Kindes und Beobachtung des Gesundheitszustandes.
- Information der Eltern bzw. Begleitpersonen über die Möglichkeiten der Allgemeinen Sozialen Dienste oder spezielle Beratungsangebote.
- Unterstützung der Kontaktaufnahme zu Hilfeeinrichtungen durch aktive Vermittlung.
Unterstützung der Familie durch Allgemeine Soziale Dienste
Aufgabe der Allgemeinen Sozialen Dienste ist die Vermittlung sozialer Hilfen, wie Beratung bei Erziehungsfragen, Hilfe bei der Wohnungsbeschaffung, Beratung in wirtschaftlichen Notlagen. Bei einer unmittelbaren Gefahr für das Kind sind die Allgemeinen Sozialen Dienste für die Intervention zuständig. Spezialisierte Beratungseinrichtungen unterstützen die Familie bei der Problembewältigung durch Einzel- und Familientherapie.
Auf andere Einrichtungen zugehen
Grundlage für ein gemeinsames Fallmanagement sind Kenntnisse in der Arztpraxis über entsprechende Beratungs- und Hilfeangebote. Die Angebote müssen für die Eltern oder Begleitpersonen des Kindes erreichbar sein. Die Voraussetzungen für ein gemeinsames Fallmanagement sind unabhängig vom konkreten Fall durch persönliche Kontaktaufnahme zu den kooperierenden Stellen zu schaffen, z. B. durch:
- Kontakt mit den Allgemeinen Sozialen Diensten oder einer von Ihnen bevorzugten Beratungsstelle
- Einladung des zuständigen Sozialarbeiters der Allgemeinen Sozialen Dienste in Ihre Praxis.
Gemeinsame Ziele definieren
Ziel der Kontaktaufnahme ist die Vorstellung von Angebot und Handlungsmöglichkeiten der Beratungsstellen bzw. der Allgemeinen Sozialen Dienste. Darüber hinaus bietet ein persönliches Gespräch die Möglichkeit, gegenseitige Erwartungen über die jeweiligen Aufgaben zu verdeutlichen und zu einer gemeinsamen Problemsicht zu gelangen.
Bindung im Verdachtsfall an die Arztpraxis besonders wichtig
Sie sollten darüber hinaus Ihre persönliche Haltung zum Problem Kindesmisshandlung und Kindesmissbrauch kritisch prüfen. Der Kontakt zu Opfern und möglichen Tätern erfordert einen vorurteilslosen Umgang mit dem Problem. Ihre Aufgabe ist es, die nach einem Erstkontakt mit der Diagnose "Verdacht auf Gewalt gegen Kinder" möglicherweise gefährdete Arzt-Patienten-Beziehung zu stabilisieren. Nur so ist ein gemeinsames Fallmanagement in Kooperation zwischen Ihnen, den Allgemeinen Sozialen Diensten und spezialisierten Beratungseinrichtungen möglich.
Bei Partnerschaftskonflikten neutral bleiben
Bei Trennungs- und Ehescheidungskonflikten können Sie mit der Forderung konfrontiert werden, einem Partner die Misshandlung, den Missbrauch oder die Vernachlässigung des Kindes zu attestieren. Hier ist es äußerst wichtig, eine neutrale Haltung einzunehmen. Die Gefahr einer Instrumentalisierung durch eine der Konfliktparteien ist groß.